Einmal im Jahr organisieren die Fruits of Solidarity die Bestellung von Oliven- Produkten der griechischen Kooperativen Greenland und Modousa. Mit den Erlösen wird die Arbeit von selbstorganisierten Solidaritätsstrukturen in Griechenland unterstützt. Die heurige Kampagne geht in die letzte Runde. Noch bis Ende März könnt ihr auf fruitsofsolidarity.at Öl und Oliven von den Kooperativen bestellen. Im April werden die Bestellungen abgefüllt und verpackt. Im Mai werden die Waren dann abgeschickt und die Salzburger Bestellungen bei uns im Solicafe eintreffen. Genauere Infos zur Verteilung, erfahrt ihr dann per Mail von eurer ausgewählten Abholstelle.
Bei den Kollegen in Griechenland ist viel los die letzten Tage. Darum haben die Fruits of Solidarity Achim Rollhäuser darum gebeten ein paar Zeilen aus Athen zu schicken. Griechenlands totalitäre parlamentarische Demokratie
Seit Beginn der Corona-Krise sind in Griechenland eine Reihe reaktionärer Gesetze und Notverordnungen erlassen worden, z. B. ein neues Versammlungsgesetz, neue Arbeitsgesetze, die Entlassungen erleichtern und den 10-Stunden-Tag ohne Lohnausgleich erlauben, die „Weltneuheit“ einer Universitätspolizei (mit insgesamt 1.000 Polizisten). Wider die Verfassung erließ die Polizei im Herbst zweimal ein absolutes Versammlungsverbot, vollkommen absurd begründet mit COVID-Prävention. Diese – verfassungswidrigen – Verbote wurden mit dem Einsatz von 5.000 Polizisten weitgehend durchgesetzt. Während der Corona-Krise verschärfte die rechtskonservative Regierung Mitsotakis außerdem die Lebensbedingungen für Geflüchtete in Lagern noch einmal dramatisch. Viele Lager wurden hermetisch abgeriegelt. Die Pushbacks von Flüchtlingen, auch bereits registrierten und sogar bereits anerkannten, zurück in die Türkei, sei es auf dem Meer oder über die Landgrenze in Nordgriechenland, haben kontinuierlich zugenommen. Ein krasses Beispiel für die Willkür der griechischen Regierung ist der Fall Dimitris Koufontinas. Koufontinas ist politischer Gefangener der Revolutionären Organisation 17. November (17N). Der 17N erschoss in den 70ern und 80ern auch 4 US-Offizielle und den Schwager des jetzigen griechischen Premierministers Mitsotakis. Koufontinas trat am 8.1.2021 gegen eine rechtswidrige Verlegung in ein anderes Gefängnis in Hungerstreik. Es entstand eine Solibewegung, die im Laufe des Streiks immer größer wurde. Die Lügen der Regierung, mit denen sie die Verlegung rechtfertigte, verfingen nicht mehr. Tausende gingen überall in Griechenland auf die Straßen. Da es jedoch offensichtlich wurde, dass Mitsotakis Koufontinas' Tod wollte, wurde dieser von allen Teilen der Bewegung am 65. Tag aufgefordert, seinen Hungerstreik zu beenden. Dieser Bitte kam der Gefangene am 14.03.21 nach. Der Hungerstreik und die Bewegung dazu waren (zusammen mit den Protesten gegen das neue Unigesetz) Katalysatoren für das Wiedererwachen des Widerstands gegen die staatliche Repression. Nachdem zunächst Protestdemonstrationen sofort auseinandergeknüppelt wurden, war dies ab der ersten Märzwoche nicht mehr möglich. Über 100 Uni-Profs, mehrere hundert Künstler_innen und über 1000 Rechtsanwält_innen hatten dafür unterschrieben, dass auch im Falle Koufontinas das Recht zu gelten habe; Tausende gingen jeden Tag auf die Straße. Erheblich verstärkt wurden die Proteste durch Fälle brutaler Polizeigewalt. Ein Bürger wollte einer Familie zu Hilfe kommen, der ungerechtfertigte Bußgelder wegen Lock-Down-Verstößen auferlegt werden sollten; er wurde sofort mit dem Polizeiknüppel traktiert. Das Video ging viral. Am nächsten Tag fand in diesem Vorort eine Demo mit um die 10.000 Teilnehmer*innen statt. Einer festgenommenen 18-jährigen Demonstrantin wurde im Polizeihauptquartier (GADA) von den Polizisten Vergewaltigung angedroht. Ein junger Anarchist, der sich über face book kritisch über die Polizei geäußert hatte, wurde in der GADA über zwei Tage gefangen gehalten, ohne Kontakt zur Außenwelt aufnehmen zu können, und während dieser Zeit mit einer Kapuze über dem Kopf immer wieder brutal von Dutzenden von Polizisten misshandelt. Abu Ghraib oder Guantanamo? Die griechische Regierung hat sich viel von Ungarn und der Türkei abgeguckt und hat das Gelernte während des Lockdowns angewandt. Sozial- und Rechtsstaat werden mehr und mehr abgeschafft, Polizeierlasse treten an die Stelle sozialer Für- und Vorsorge und der geltenden Gesetze. Die gleichgeschalteten Medien spenden Beifall. So hat sich Griechenland in den letzten eineinhalb Jahren zu einer totalitären (parlamentarischen) Demokratie entwickelt. Gut nur, dass das nicht mehr widerspruchslos hingenommen wird. Am vorletzten Wochenende fanden hunderte von Kundgebungen in ganz Griechenland statt. Der Polizeiminister musste seine Meute zurückpfeifen: Seit einer Woche sieht man kaum noch Polizei auf den Straßen. Wie früher finden fast jeden Tag kleinere oder größere Demos statt, ohne dass die Polizei überhaupt zu sehen ist. Das ist sicher ein erster Erfolg, der hoffentlich bleiben wird. Es wird jedenfalls für Staat und Regierung nicht mehr ganz so einfach sein wie noch bis vor kurzem, ihre Polizeistaatsmethoden durchzusetzen.
Achim Rollhäuser
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